Freitag 19. April 2024

Hans Klok im Rosengarten: Ein dunkler Vampir auf Opferjagd

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Sein Name rechtfertigt den Mythos – denn Johannes Franciscus Catharinus Klok sieht sich nicht nur als größten Illusionisten dieser Zeit: Er gehört auch ohne Zweifel zu ihnen. Wer seine Shows in den letzten Jahren verfolgt hat, weiß, dass für den Mann aus Nordholland für gewöhnlich nicht nur der große Effekt zählt, sondern Legenden der Magie von Merlin bis Harry Houdini den kleinen Jungen aus dem beschaulichen Pumerend prägten, der es den Leuten zeigen, ihre Augen vor Eindruck erstrahlen lassen wollte. Es ist ihm gelungen.

Mehrere Jahrzehnte später steht der 48-Jährige auf der Bühne des Rosengartens – und wirkt wie ein abgekämpfter Held, den man verfeuert. Acht Wochen, so wird er es später erzählen, ist Hans Klok schon Pausenlos auf „House of Mystery“-Tour, und das spürt man. Denn Klok wird Nummern durcheinanderbringen, mehrere Male am falschen Platz stehen und zeigen, dass er müde ist. Noch immer glänzt zwar zuverlässig der Sternenhimmel als Versinnbildlichung der grenzenlosen Möglichkeiten – fortwährend zersägt und teilt der Maestro der Illusion seine Assistentinnen in Holzboxen, Sarkophagen oder Metallkäfigen, allein: Das Spektakuläre ist diesen Nummern abhandengekommen.

Vielleicht sind auch „Supertalent“ und ähnliche Castingshows Schuld an diesem Prozess, der das Besondere in der virtuos choreographierten Zauberei zur leicht konsumierbaren Samstagabend-Massenunterhaltung degradierte, und doch ist es Klok, der sich dieser Konkurrenz zu stellen hat. Nach Möglichkeiten gelingt ihm das auch. Klok ist oft nicht mehr so hastig, rast nicht mehr wie ein ICE über die Bühne, sondern zelebriert seine Nummern viel mehr, kostet den Ruhm und die Strahlkraft seiner Attraktionen aus, reichert die eigenen Nummern bisweilen mit Akrobaten, Hoola Hoop-Tänzern und Diabolo-Spielern zum verzaubernden Gesamterlebnis an – und kommt doch nicht davon. Denn auch, wenn Klok so gerne beim schwebenden Tisch oder dem guten alten Flasche-Zylinder-Trick seines Großvaters bleiben würde, muss der Dunkelheit des finsteren „Mystery“-Erlebnisses Tribut gezollt werden. Also stilisiert sich Klok in seinem finsteren Mantel als Vampir, dessen weibliche Opfer nur darauf warten, von ihrem blonden Dracula ausgetrunken zu werden.

Das ist für Klok nicht nur zu einfach – es konterkariert auch die Mühen, mit denen der junge Holländer einst aufbrach, die Welt mit aufrichtiger Magie das Staunen zu lehren. Das ist vor allem deswegen ein trauriges Zeichen, weil Realität dieses Abends lehrt, dass es die drückend inszenierte Boshaftigkeit gar nicht braucht, um den großen Rand des Illusionisten nachzuformen. Denn als Klok den kleinen Emil aus dem Publikum ohne Untergrund einfach in der Luft Schweben lässt, weiß nicht nur der kleine Mann kaum noch, was er sagen soll: Auch der Saal tobt.

Ohne Zweifel: Auch die große Herausforderung, in mageren fünf Minuten 15 magische Prüfungen zu bestehen, um schließlich als jener Potentat zu gelten, der selbst einen Stargast wie Pamela Anderson nach 2007 schon zum zweiten Mal bei sich auf der Bühne zu begrüßen darf, imponiert – doch notwendig wäre diese grelle Suche nach Effekten nicht. Denn Hans Klok hat mehr zu bieten. Seine Geschichte ist der beste Beleg.

Fotos © by Boris Korpak / Text © by Markus Mertens

Fotostrecke:

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